@Zico
Ich beantworte keine Fragen mit Gegenfragen, sondern ich will einfach mal wissen, was Dread hier meint. Die ganze Diskussion um das "Deutschsein", die "Deutsche Leitkultur", der Erhalt unserer Werte, Traditionen, und wie die ganzen anderen tollen Begriffe sind, schwelt seit nun mehr einem Jahr, wenn nicht noch länger. Und bis heute hat es noch keiner mal übernommen, zu erklären was damit gemeint ist. Bin ich deutsch, wenn ich Deutsch spreche? Wenn ich Wurst mag, die Hymne auswendig kann, von den Hohenzollern abstamme, oder ich gerne Goethe lese? Wenn es da irgendeine Defintion oder ein Gefühl des Selbstverständnisses gibt, das ich verpasst habe, dann bitte, klärt mich auf. Das meine ich nicht provozierend, sondern ernsthaft fragend.
Ich weiß nicht, wo ich gerade Schwarz-Weiß gemalt haben soll, aber gut. Wahrscheinlich wirkt das so, weil du meine Einstellungen mittlerweile kennst.
Wie für mich der typische Moslem aussieht? Nach gar nichts. Weil ich mit "Typen" in Bezug auf Religion und Herkunft nichts anfangen kann, das gilt bspw. für den Islam, aber auch, wie bereits gesagt, für den "Deutschen". Dazu kenne ich einfach viel zu viele Leute, die viel zu unterschiedlich sind. Bei VW habe ich mit muslimischen Palästinensern, Albanern, Türken und Nordafrikanern zusammengearbeitet. Da war einer sehr arbeitstüchtig, der andere wieder weniger, einer freundlicher, der andere arschlochiger, der eine hat den Ramadan sehr ernst genommen, manch anderer nicht. Selbes galt für die deutschen Kollegen. Faul, klug, niveaulos, Christ, schwarze Haare, hellere und dunklere Teints - alles war da dabei. Ich habe auch kluge und ambitionierte Flüchtlinge kennengelernt, aber auch einfältige, die sehr wohl erkannt haben, was in Deutschland an Sozialleistungen abzugreifen ist. Ich kann da keinen "typischen" Vertreter ausmachen. Deswegen würde ich so gerne mal wissen, was heutzutage überhaupt noch "typisch" ist?
Natürlich muss bei der ganzen Integrationsthematik kritisch rangegangen werden. Und das tun Größen aus Politik, Wissenschaft, Medien, etc. ja auch zur Genüge in den gängigen Talk-Shows, Interviews, whatnot. Die Debatte klingt nur einseitig, wenn man sie sich so zurecht hören will. So sehe ich das. Dass nicht nur Ärzte und Feinmechaniker hier ankommen, das ist doch jedem bewusst.
Grundsätzlich ist mein größtes Problem folgendes: Unzählige Menschen, ob nun des privaten oder öffentlichen Lebens nutzen diesen Diskurs über Flüchtlinge und Integration aus. Vielleicht bist du ja mit Edward Said und dem Orientalismus vertraut? Wenn ja, dann weißt du, wie dieses "Bild des Anderen" (=Moslem, Flüchtling, etc.) instrumentalisiert wird, um eine eigene Identität überhaupt zu erschaffen (=der "Westerner", der Deutsche, der Christ (plötzlich entdecken so viele ihre christlichen Werte wieder, oh Wunder)). Damit werden dann gewisse Eigenschaften verknüpft (überlegen, zivilisert, aufgeklärt, arbeitswillig (Ha!)) gegen (faul, rückständig, vernebelt, frauenfeindlich, ..). Damit wird Stimmung gemacht, Wähler eingefangen, Handeln gerechtfertigt, und einander gebauchpinselt. Da will ich einfach nur brechen ohne Ende.
Abschließend: Ich lasse mir vieles vorwerfen, aber keine schwarz-weiß Denke. Wenn mein kleiner "rant" hier jetzt zu scharftönig oder provokativ ankommen sollte, sorry for that, aber ich habe mich da ein wenig in Rage geredet. Weil mir diese Diskussion in all ihren Facetten zum Halse heraushängt und ich es wirklich Leid bin, wie verlogen, giftig, menschenverachtend und persönlich sie von allzu vielen Menschen (nicht du, Zico!) geführt wird. Ein wenig mehr Verständnis gegenüber Andersdenkenden, Andersbefindlichen und generell "Anderen" täte jedem von uns, und da schließe ich mich ein, elysisch gut. Und das, genau das, ist die Botschaft von Monsieur Ibrahim, und dem weisen Nathan.